Fußgängerzönchen sorgt für Ärger

Eberswalde (MOZ) Die vor einem Monat im AltstadtCarréeausgerufene Fußgängerzone beschert Eberswalde ein echtes Superlativ: Sie ist die kleinste Bummelmeile Deutschlands. Der Jubel der Händler hält sich dennoch in Grenzen. Daran sind vor allem rücksichtslose Autofahrer schuld.

Eigentlich könnten sich Thomas Winkler, Inhaber des Reisebüros „Fern & Meer“ und Vorsitzender der als Verein organisierten Händlergemeinschaft im AltstadtCarrée, und seine 14 Mitstreiter zu einem gelungenen Marketing-Clou gratulieren. Sie hätten alles Recht der Welt, auf die mit 59 Metern kürzeste ernstzunehmende Fußgängerzone zwischen Nordsee und Alpen zu verweisen. Bislang galt ein 86 Meter langer Abschnitt der Barfüßerstraße der Stadt Nordhausen im Harz als Rekordwinzling. Für Autos gesperrt ist auch das Straßenstück „Hinter den Höfen“ in der Gemeinde Osten in Niedersachsen, das es auf gerade einmal 19,45 Meter bringt. Da es in ihr aber keine Geschäfte gibt, fällt sie als Bummelmeile durch.

Der Vereinsvorsitzende hätte also jeden Grund, mit stolz geschwellter Brust das Marketingkonzept des AltstadtCarrées zu überarbeiten. Das kleinsteFußgängerzönchen würde sich schließlich beinahe ebenso als Alleinstellungsmerkmal für Eberswalde eignen wie der hier erfundene Spritzkuchen und – mit Abstrichen – das Eberswalder Würstchen. Doch Thomas Winkler lässt sich nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen. „Mit der neuen Verkehrsregelung haben wir bisher genau das Gegenteil von dem erreicht, was von uns bezweckt war“, sagt er. Solange der für Autos jetzt gesperrte Abschnitt zwischen Friedrich-Ebert- und Steinstraße noch als Spielstraße ausgewiesen gewesen sei, hätte sich der Verkehr bloß in einer Richtung durch das Viertel bewegt, inzwischen aber in zwei. „Es ist offensichtlich, dass ein überraschend großer Teil der Autofahrer Probleme damit hat, Verkehrsschilder zu erkennen und zu akzeptieren“, bedauert Thomas Winkler. Schon mehrfach sei die Absperrung umgefahren worden – und Fußgänger hätten sich mit einem beherzten Sprung in Sicherheit bringen müssen. Der Vereinsvorstand habe die Rathaus-Spitze um umgehende Hilfe gebeten. „Am liebsten wäre uns der Einbau von Pollern“, sagt er.

Grundsätzlich sei gegen eine Fußgängerzone nichts einzuwenden, betont Thomas Winkler. Die Geschäftsleute hätten es aber besser gefunden, wenn die Stadt die neue Verkehrsregelung erst zum Frühjahr eingeführt hätte. „Dann werden Auslagen vor den Läden die Neugier der Kunden wecken und wir stellen Sitzbänke und Fahrradständer auf“, kündigt der Vereinsvorsitzende an. Wichtiger als die Fußgängerzone sei für das AltstadtCarrée aber, dass endlich die seit Juni geschlossene Gaststätte „Brasserie am Stein“ wiedereröffnet werde.

„Es wird Poller geben“, stellt Eberswaldes Rathaus-Sprecherin Britta Stöwe in Aussicht. Diese Bitte habe Bauamtsleiterin Heike Köhler aus den Gesprächen mit der Händlergemeinschaft mitgenommen. „In spätestens drei Wochen kommt mit dem Auto nur noch der in die Fußgängerzone, der über einen Schlüssel verfügt“, sagt Britta Stöwe.

„So wie es jetzt läuft, darf es nicht bleiben“, bekräftigt Juwelier Andreas Elling. Für Fußgänger sei die Bummelmeile derzeit lebensgefährlich. „Wären Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung strikter geahndet worden, hätte die Spielstraße gereicht“, sagt er.

Es gibt auch Geschäftsleute, für die der Ausschluss jeglichen Autoverkehrs eine Katastrophe darstellt. „Wenn Kunden bei uns einen Kinderwagen kaufen, wollen sie auf jeden Fall ausprobieren, ob er in den Kofferraum passt“, berichtet Anja Schedel von „Elas Kinderstube“.

Ob die Bummelmeile im AltstadtCarrée irgendwann ausgeweitet wird, ist unklar. Händlergemeinschaft und Rathausspitze werden erst dazu beraten, wenn weitere Erfahrungen mit dem Fußgängerzönchen gesammelt wurden. Fürs Erste dient der verkehrsberuhigte Bereich im Advent dazu, weihnachtliche Stimmung zu erzeugen. Mitten auf der früheren Fahrbahn wird ein Christbaum aufgestellt.